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15.07.2010
Mandi vs Andi: Duell der Aufklärungscomics
(Antifa-Comic gegen Verfassungsschutz-Comic)Zur Fußball-WM 2010 wehten wieder die Deutschlandflaggen, wurden Gesichter und andere Körperteile neckisch in Schwarz-Rot-Gold verziert und Autoseitenspiegel mit patriotischen Stulpen in Landesfarbe versehen.Eine Marburger Antifa-Gruppe, welcher der fußballbedingte Nationalstolz einen Schritt zu weit ging, nahm dies zum Anlass, mit einem Aufklärungscomic namens Mandi kritisch den biergetränkten Party-Patriotismus zu hinterfragen und sich im Rundumschlag gleich allgemein mit Nationalismus und der Geschlechterfrage im Fußball auseinanderzusetzen. Bereits der Titel, der gleichzeitig Name der Kette rauchenden Hauptprotagonistin ist, macht aber klar, dass es den Machern auch um etwas anderes, nämlich die Abrechnung mit dem vom Innenministerium NRW herausgegebenen Polit-Comic Andi geht. In der dritten Ausgabe der von Peter Schaaff (Dämonika) gezeichneten Aufklärungsreihe, die hauptsächlich in Schulen zum Einsatz kommt, hatten sich die Verfassungsschützer nämlich Linksautonome vorgeknöpft (Heft 1 drehte sich um Rechtsextremismus, Heft 2 um Islamisten), was zu lautstarken Vorwürfen aus der linken Szene führte, dass man hier auf platte und unfaire Weise links und rechts gleich setzen würde. Außerdem, so betonen auch die Macher von Mandi, sei es doch etwas merkwürdig, dass der Verfassungsschutz entgegen seiner eigentlichen Aufgabe auf einmal politische Bildungsarbeit betreibe.
Die in einer 13.000er-Auflage gedruckte und laut Begleit-Blog bereits erfolgreich verteilte weibliche Comicantwort auf Andi ist von der Aufmachung her gezielt dem Kontrahenten nachempfunden und vereint wie dieser eine beinahe schmerzhaft simple Geschichte (Mandi, die aus unerfindlichen Gründen einen hässlichen Biber mit sich rumschleppt, und ihre Freunde werden bei der WM mit Deutschtümelei, Fremden- und Frauenhass konfrontiert), ergänzt um Texte, in denen das Thema Nationalismus noch einmal aus Sicht der Macher beleuchtet wird. Die Zeichnungen sind ebenfalls an den Stil der Andi-Comics angelehnt, aber so einfach gehalten, dass "Underground" eine viel zu freundliche Beschreibung wäre. Das inhaltliche Niveau gleicht dabei nahezu dem der attackierten Veröffentlichungen und damit verschenken die Macher von Mandi die Chance, es besser und geistreicher zu machen, wie auch Lukas Dubro in der taz bemerkt: "Statt eine böse Satire auf die verschwiemelte Hofmalerei aus Nordrhein-Westfalen abzuliefern, begnügen sich die AutorInnen damit, eins zu eins die plumpe und humorlose Rhetorik der Verfassungschützer zu kopieren." Ein eigenes Urteil kann man sich mit der Onlineversion des Mandi-Comics bilden.
Für weitere derartige Projekte sollten sich die hessischen Antifas neben einer inhaltlichen Qualitätssteigerung vor allem nach einem talentierteren Zeichner umschauen. Politisch linke und für lau schaffende Comickünstler gibt es doch eigentlich mehr als genug …Labels: Bildung, Deutschland, Politik
posted by Andi um 10:04 | Permalink