
Die Welt am Draht, das sind Kommentare, Informationen, Gedanken und natürlich News rund um die Welt der Comics und darüber hinaus.
29.06.2009
Literatur gewinnt gegen Kunst nach Elfmeterschießen
(Eckart Sackmanns Vortrag auf dem Comicfestival München, und so weiter und so fort)
Schön provokanter Titel, dachte ich, als ich mich am Sonntagnachmittag des diesjährigen Comicfestivals zu München mal wieder ins Biermuseum aufmachte, um dort in kuscheliger und süffiger Atmosphäre einem Vortrag zu lauschen. Diesmal auf dem Programm: "Das ist doch keine Kunst - Comics als Literatur" von Eckart Sackmann. (Von den Kollegen von Splashcomics hier für die Nachwelt konserviert.)
In der Sache kann ich Herrn Sackmann dann auch über große Strecken zustimmen. Klar, Comics sind Literatur - in dem Sinne eben, dass man sie halt "lesen" kann.
Aber wo bitte liegt da der Erkenntnisgewinn? Was bringt es, eine halbe Stunde lang immer wieder "Kunst" (z.B. Roy Lichtensteins "Hopeless") und "Literatur" (in dem Fall also der Comic, der Lichtensteins Druck inspirierte) mit dem Powerpoint-Beamer gegenüberzustellen, nur um in Holzhammermanier immer wieder dasselbe zu sagen? Dass eine Skulptur keine Literatur ist, war doch irgendwie klar, oder?
Besser gelang es Herrn Sackmann, Comics als Teil einer Tradition zu erklären, die schon seit Jahrtausenden - etwa durch Wandmalereien - durch eine Kombination von Text und Bildern Wissen kommunizieren will. Wobei sich natürlich darüber streiten lässt, ob es Sinn macht, allem, was in der Geschichte irgendwie mal so ähnlich wie ein Comic war, das Etikett "Comic" aufzupappen. Das hat immer den Beigeschmack eines Minderwertigkeitskomplexes und Legitimisierungsdrangs, den die Form Comic schon lange nicht mehr nötig hat. Aufrichtiger und nüchterner wäre es vielleicht, antike Höhlenmalereien oder mittelalterliche Wandteppiche als Vorläufer des Comics zu bezeichnen. Damit erkennt man die Tradition, auf die es ankommt, an, auch ohne Etikettenschwindel.
Aber zurück zum Hauptanliegen. Wie gesagt, der Titel der Veranstaltung war provokant und damit gut gewählt. Weniger gut war allerdings, dass der Vortrag selbst sich darin bereits erschöpfte. Comics sind keine Kunst, sondern Literatur, so Sackmann. Weil man Kunst nicht lesen kann, Literatur aber schon. Bumms, aus, basta.
Nur, hat irgendjemand daran gezweifelt, dass Comics per definitionem ein Erzählmedium sind? Und wenn die Frage "Kunst oder Literatur?" so einfach zu beantworten wäre, wie Herr Sackmann das darstellt, wieso braucht dann irgendjemand einen einstündigen Vortrag? Sind wir alle doof, dass wir das nicht selber sehen? Vielleicht sind wir's ja, aber Sackmanns Referat hat uns dann leider auch nicht schlauer gemacht.
Der Vortrag krankte vor allem daran, dass Sackmann schludrig mit seinen Begriffen umging und es zu keinem Zeitpunkt fertigbrachte - oder auch nur versuchte - sich auf die Meta-Ebene zu begeben. Seine Auffassung von "Literatur" oder "Kunst" erklärte er nicht, und in Frage stellte er die Begrifflichkeiten schon mal gar nicht.
Aber was ist den eigentlich "Literatur"? Trifft die Bezeichnung automatisch auf alles zu, was irgendwie durch Prosa Informationen kommuniziert? Tun Comics das nicht zu einem erheblichen Anteil durch Bilder? Und wenn die Bildererzählungen des Comics als "Literatur" im Sackmann'schen Sinne gelten sollen, betrachtet er dann - die Frage ist ernst gemeint und nicht ironisch - die Bildererzählungen des Films ebenfalls als "Literatur"? Natürlich versuchte Sackmann, sich gegen solche Exkurse abzusichern, indem er von den "statischen" Bildern des Comics sprach, aber man muss kein Fotografieexperte sein, um zu wissen, dass der Film nur deshalb "läuft", weil eben solche "stehenden" Bilder schnell nacheinander aufgefangen und abgespielt werden. Am Ende steht lediglich die Illusion einer Bewegung - ähnlich also wie bei einem Comic, nur dass dort das Gehirn stärker als beim Film gefragt ist, die entstehenden Lücken auszufüllen.
In der Literaturwissenschaft ist es nicht mehr unüblich, sich mit Filmen und Comics zu beschäftigen; und es spricht ja eigentlich nichts dagegen. Einen Film oder einen Comic kann man schließlich genauso lesen wie ein Buch. Das sagt etwa auch Scott McCloud, der darauf hinweist, dass es sich bei Buchstaben auch nur um vereinfachte Bilder handelt. Auch wenn Herr Sackmann nach eigener Aussage davon überzeugt ist, dass es auch ohne McCloud geht, wäre das z.B. ein interessanter Ansatzpunkt gewesen, den man hätte aufgreifen können, um am Ende nicht in einem stumpfen, längst überholten "entweder-oder"-Schema zu verharren.
Überhaupt schipperte Sackmann mit traumwandlerischer Sicherheit an allen möglichen Ansatzpunkten für eine anregende Diskussion vorbei. Was ist denn eigentlich "Literatur" im Sinne von "literarisch"? Gibt's da nicht vielleicht feine Unterschiede zwischen Karl May und Michael Chabon, zwischen Fletcher Hanks und Alan Moore? Und was versteht Sackmann unter "Kunst"? Meint der Begriff "Kunst" im Deutschen tatsächlich immer nur, wie Sackmann suggeriert, irgendein statisches, nicht-literarisches Objekt, das sich ausstellen lässt? Wie sieht's aus mit Kunstfertigkeit oder Kunstwerk, Kunsthandwerk oder Aktionskunst, künstlerischem Anspruch und allem anderen, was der Begriff "Kunst" noch so umfasst? Sind Comic-Autoren keine "Künstler"? Ist Comics-Zeichnen keine "Kunst"? Und warum sollen Comics oder Filme oder Romane nicht bitteschön Literatur und Kunst zugleich sein können?
Alles Fragen, über die man hätte reden, streiten, sich austauschen können, wäre man über das Stadium verkrusteter und unreflektierter Kategorien hinausgekommen. So aber wurde ein unbrauchbar eng gefasster Kunstbegriff als gegeben vorausgesetzt und dann einem unbrauchbar weit gefassten Literaturbegriff gegenübergestellt. Wodurch am Ende jede sachbezogene Diskussion natürlich im Keim erstickt wird.
Als Aufwärmübung vor dem Vortrag fragte Ansager Heiner Lünstedt Herrn Sackmann, was denn eigentlich die ersten acht "Künste" seien, wo Comics doch so gerne als "Neunte Kunst" bezeichnet werden. Herr Sackmann winkte ab und wich aus, und nach seinem Vortrag scheint das auch nicht mehr verwunderlich. Zu den von Ricciotto Canudo, einem italienischen Filmkritiker, Anfang des 20. Jahrhunderts benannten "Künsten" gehören nämlich neben dem Film noch die Architektur, die Bildhauerei, die Malerei, die Musik, die Dichtung und der Tanz. (Später kam noch das Fernsehen als achte dazu.) Oder, will man weiter zurückgehen, gäb's da auch noch die "Sieben Künste": Grammatik, Rhetorik, Logik, Geometrie, Arithmetik, Musik und Astronomie. Das hätte dann offenbar wohl alles, beim besten Willen, viel zu viele Fragen aufgeworfen.
Begriffe willkürlich zu definieren, wie man sie grade braucht, und dann auf dieser Grundlage zu "beweisen", dass ein Ding eins ist, aber nicht das andere, das ist jedenfalls wahrlich keine Kunst.Labels: Comicfest, Comicforschung, Kunst, Literatur
posted by Marc-Oliver Frisch um 18:26 | Permalink
27.06.2009
Alles muss raus!
(Messeillustrationen von Flix und Frank Pe zu gewinnen)
Kaum ist das Comicfestival München zuende und die letzten Kartons ausgepackt, genügt ein Blick in den Lagerraum und die Frage taucht auf: Puh! Wohin mit dem Zeug? Ganz so wird es den Mitarbeitern von Carlsen Comics wohl nicht gegangen sein. Trotzdem: Schön, dass sich der Verlag von zwei großformatigen, handverschönerten Messeillustrationen trennen möchte. Sie sind 90cm breit, 120cm hoch und stammen von Flix und Frank Pe. Raus gehen sie über ein Gewinnspiel. Wer mitmachen möchte, findet hier weitere Informationen.Labels: Carlsen, Comicfest, gewinnen, München, Verlage
posted by Christopher Bünte um 13:12 | Permalink
21.06.2009
Frisch aus der Druckerei, 6/09
(Comic-Neuheiten im Mai)HIGHLIGHT DES MONATS: Vor 200 Jahren wurde Heinrich Hoffmann geboren, der bis heute für sein Kinderbuch Der Struwwelpeter berühmt ist. Der Struwwelpeter ist vermutlich die am meisten adaptierte, kopierte oder parodierte Bildgeschichte, die es gibt, vom Struwwelhitler über den Anti-Struwwelpeter von F.K. Waechter bis zu Strubbelpeter & Schnatterliese in der Zeitschrift Bussi Bär gibt es zahllose Varianten. Im Comicbereich gab es vor wenigen Jahren einen von Laska Comix herausgegeben Band, in dem verschiedene Comiczeichner ihre Varianten der Struwwelpter-Geschichten zu Papier brachten. Nun, zum Jubiläum, erscheinen weitere Neuheiten. Gleich zweifach nähert sich David Füleki bei Tokyopop dem Thema: Zum einen in Struwwelpeter: Die Rückkehr, einem mangaesken Schwarz-Weiß-Comic, in dem die Figur des Struwwelpeter aufsässiger Held in einer Welt agiert, in der Unfug per Gesetz verboten ist.
Zum anderen in Struwwelpeter: Das große Buch der Störenfriede, einem kleinen Hardcoverband, der Hoffmanns Originaltexte enthält, also die bekannten Verse vom Suppenkaspar, dem Zappel-Philipp undsoweiter. Diese werden von Füleki illustriert, in einem sehr eigenen visuellen Stil, der hier kaum noch an Manga erinnert - nicht zuletzt wegen der sehr stimmigen Kolorierung.
In seinen bisherigen Comics (z.B. in Banzai! oder Manga Fieber) hat David Füleki bewiesen, dass er über einen sehr komischen, skurilen Humor verfügt (schließlich hat er auch unser letztjähriges Comic-Duell gewonnen!), und man darf hoffen, dass er diesen auch in seinen beiden Struwwelpeter-Büchern voll ausspielen kann. Leseproben gibt es hier und hier.Lange hat es gedauert, bis Hansrudi Wäscher, der mit Helden wie Akim und Sigurd für die erste Massenproduktion von deutschen Comicheften verantwortlich war, auch jenseits von Sammlerkreisen und Nostalgikern als wichtige Figur der hiesigen Comicgeschichte anerkannt wurde. Letztes Jahr erhielt er den Max-und-Moritz-Preis, letzte Woche wurde er in München mit dem Peng!-Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Zu diesem Anlass erschien bei Edition 52 der Hommageband Wäscher - Pionier der Comics, in dem 42 Comiczeichner dem "König des Cliffhangers" (Herausgeber Gerhard Schlegel) mit Illustrationen oder kurzen Comicbeiträgen Tribut zollen. Mit dabei sind u.a. Uli Oesterle, Peter Puck, Volker Reiche, Ulf K., Dirk Schulz und Fil. Einige Probeseiten gibt's beim Hansrudi Wäscher Fanclub Bayern zu sehen.
Die Comicbrigade Dresden, in der sich ortsansässige Comiczeichner zusammengeschlossen haben, veröffentlichen in ihrem Hausverlag Beatcomix das schwarz-weiße Album Dave Grigger. Mamei (Story und Zeichnungen) und Ivo Kircheis (Tusche) erzählen darin die "wundersame Geschichte eines wunderlichen Totengräbers". Infos und Kostproben unter stehen auf davegrigger.blogspot.com.
Die Berliner Filmproduktionsfirma Warnuts Entertainment arbeitet zur Zeit an einem Kurzfilm-Projekt namens Bridges, das eine Geschichte rund um das historische Ereignis der Berliner Luftbrücke von 1948/49 erzählt. Der Film soll zunächst mit Schauspielern gedreht und danach mit dem Rotoskopie-Verfahren animiert werden. Zunächst erschien die Geschichte in Form eines Comics, pünktlich zum 60. Jahrestag der Beendigung der Luftbrücke. Gezeichnet wurde der Comic vom Historiker Stephan Warnatsch, der auch das Skript zum Film geschrieben hat. Mehr dazu in einem Artikel beim Tagesspiegel. Hier gibt es einige Vorschauseiten.Noch ein Film-zum-Comic-Projekt: Den hervorragenden israelischen Zeichentrickfilm Waltz with Bashir, der vom Libanonkrieg der 80er Jahre erzählt, gibt es jetzt auch als Graphic Novel, die aus Standbildern des Films zusammenmontiert wurde. Die deutschsprachige Ausgabe erscheint beim Zürcher Atrium Verlag. Man kann sicher darüber streiten, ob eine solche Form der Filmadaption sinnvoll ist oder ob man sich in Fällen wie diesem nicht lieber gleich die DVD kaufen sollte. Das Filmmagazin Schnitt beschäftigt sich in einer lesenswerten Rezension mit dieser Frage. Eine Kostprobe gibt es in einer Bildergalerie bei Focus Online.
Eine eindeutig erfreuliche Neuerscheinung gibt es bei Reprodukt: Aufzeichnungen aus Birma ist der dritte Reisebreicht von Guy Delisle. Nachdem der Frankokanadier bereits aus den fremden Welten von China (Shenzhen) und Nordkorea (Pjöngjang) berichtet hat, legt er nun einen weiteren Comicband vor, der einen Aufenthalt in Birma bzw. Myanmar behandelt, wo Delisle seine Frau bei einem Einsatz für "Ärzte ohne Grenzen" begleitete. Hier eine Leseprobe.
In der Ehapa Comic Collection feiert man natürlich den 75. Geburtstag von Donald Duck, der im Juni 1934 erstmals in einem Disney-Zeichentrickfilm auftrat. Der Band 75 Jahre Donald Duck Superstar enthält auf 112 Seiten eine Auswahl von Donald-Geschichten (u.a. von Carl Barks und Don Rosa), begleitet von einem Vorwort von Andreas C. Knigge.
Außerdem startet der Verlag die Reihe Carl Barks Onkel Dagobert, in der die Dagobert-Geschichten von Carl Barks aus den 50er und 60er Jahren nochmal nachgedruckt werden. Es gab diese Comics bereits in der Barks Library zu kaufen, diesmal sind mehrere Alben in jeweils einem Hardcover-Band zusammengefasst.In der ECC-Reihe "All in One" erschienen im Mai zwei neue Bände mit Albenserien aus Frankreich, die bei uns direkt in einem dicken Sammelband herauskommen: Der Herr der Finsternis heißt eine düstere Fantasygeschichte von Jean-Luc Istin (Die Druiden) und Dim.D, deren Inhaltsangabe sehr an klassische Stoffe à la Herr der Ringe erinnert.
Pietrolino stammt von Autor Alexandro Jodorowsky (Der Incal) und wandelt fern von ausgetretenen Genre-Pfaden: zusammen mit Zeichner Olivier Boiscommun erzählt er von einem Pariser Pantomimen (inspiriert durch Marcel Marceau), der im Zweiten Weltkrieg mit den deutschen Besatzern in Konflikt gerät. Eine Leseprobe gibt es beim französischen Verlag Les Humanoides (Band 1, Band 2).
Ebenfalls auf das Format "alle Alben in einem Band" setzt der Carlsen Verlag mit der Gesamtausgabe des Fantasycomics Die Lichter des Amalu von Christophe Gibelin und Claire Wendling. In den Neunzigern erschienen auf Deutsch nur die ersten drei Bände, Band 4 und 5 sind in dieser Ausgabe erstmals zu haben. Eine Leseprobe gibt es hier.
Für die Fans des Genres "Flieger-Comics" gibt es neuen Stoff bei Salleck Publications: Hier erschien Band 1 der Serie Über den Wolken von Romain Hugault und Régis Hautière, die im Jahr 1933 spielt. Für Leseproben müssen wir nach Frankreich ausweichen.
Bei Panini erschien in der Reihe 100% Marvel der Sammelband zur Miniserie Marvel 1985 von Mark Millar (Ultimates) und Tommy Lee Edwards. Schon die Wahl des Zeichners zeigt, dass man hier ein bisschen abseits vom Superhelden-Mainstream fahren möchte. In der Geschichte geht es um einen Jungen in der realen Welt des Jahres 1985 (evtl. Mark Millar selbst?) der großer Fan der Marvel-Comics ist und es schafft, ein Portal zum Marvel-Universum zu öffnen, worauf sämtliche Superschurken unsere Welt betreten. Die Serie war ursprünglich als Fotocomic geplant. Vermutlich kann man recht dankbar sein, dass es das schließlich doch nicht wurde. Bei mycomics gibt es eine Leseprobe.
Alex Ross ist bekannt für seine gemalten, vor Pathos strotzdenen, fotorealistischen Superhelden-Bilder und als großer Fan der alten Helden des Golden Age. Die einen lieben ihn dafür, andere machen einen großen Bogen um seine Werke. Mit Project Superpowers bekam Ross bei Dynamite Entertainment die Gelegenheit, eine Golden-Age-Geschichte nach eigenem Gusto zu erzählen, in der zahlreiche alte Helden der 40er Jahre vorkommen, deren Coypright mittlerweile ausgelaufen ist. Ross entwickelte die Grundzüge des Plots, malte die Cover und fungierte als Art Director, gezeichnet und geskriptet wurde von anderen Kollegen. Panini sammelt die komplette erste Miniserie in einem Band. Bei CBR gibt es eine umfangreiche, 27seitige Leseprobe auf Englisch.Und zum Schluss noch ein Blick in die Manga-Abteilung: Carlsen nimmt wieder einen Manga für erwachsene Leser ins Programm, nämlich Shinanogawa von Hideo Okazaki und Kazuo Kamimura (Lady Snowblood). Der Zweiteiler erzählt von einem Frauenschicksal in den 1930er Jahren. Stefan Pannor schreibt in seiner Rezension von einem trivialen Exploitation-Märchen, bei dem sich Zeichner Kamimura "in eine grafische Orgie bis an die Grenzen des Surrealen hineinsteigert. [...] Kamimura wagt also den Spagat zwischen den Stilen, und wie er das macht, ist bei aller dramatischen Übertriebenheit der Geschichte bis ins Lächerliche überaus ansehenswert."
Auch der Einzelband Prince of Monster (ebenfalls bei Carlsen) richtet sich an ältere Leser. Enthalten sind Kurzgeschichten von Modoru Motoni, bei denen das Shonen-Ai-Genre mit Horror gekreuzt wird,
Romantische Stories mit einer Portion Erotik verspricht Tokyopop mit dem Manga Hot Office. O-Ton Verlagstext: "Vier heiße Kurzgeschichten aus der Feder der Hot Beast-Autorin Kasane Katsumoto sorgen für ein prickelndes Lesevergnügen." (Leseprobe im "Manga Player").Labels: Druckfrisch
posted by Thomas um 13:13 | Permalink
16.06.2009
SWR-Beitrag zu Donalds Geburtstag
(Comics im Radio)
Donald Duck feiert in diesen Tagen seinen 75. Geburtstag. Elisabeth Brückner und Wolf Eismann nutzen das Jubiläum, um einen Blick auf Comics in Deutschland zu werfen. Die Autoren interessiert, wohin es mit den Comics in Zukunft gehen wird. Sie haben sich dazu mit Isabel Kreitz, Adreas Platthaus und Martin tom Dieck unterhalten. Den vollständigen Radiobeitrag (SWR 2) kann man hier downloaden.Labels: Berichterstattung, Comics in der Presse, Radio
posted by Christopher Bünte um 14:49 | Permalink
07.06.2009
Propaganda-Comics: Comiczeichner wehren sich
(Österreichs Zeichner gegen FPÖ-Comic)
Der blaue Planet heißt das Comicheft, das im Europawahlkampf von der österreichischen Rechtsaußen-Partei FPÖ verteilt wurde. Das Heft (auch als PDF abrufbar) zeigt Parteichef HC Strache als Superhelden, der seinen Heimatplaneten vor einer außerirdischen Invasion bewahrt. Die Aliens sind in diesem Fall Abgesandte der EU, der Heimatplanet ist Österreich, welches nach Meinung der FPÖ bedroht ist, von einem zentralistischen Europa ins Verderben gestüzt zu werden. Dass dabei u.a. auch aufs Geschmackloseste gegen Ausländer gehetzt wird ("Drogendealer, Hassprediger und Menschenhändler"), überrascht kaum, wenn man die populistische Partei und ihre Slogans ("Abendland in Christenhand") kennt.
Besonders heikel an dem Pamphlet: Bei dem Heft handelt es sich nicht um pure, von der Partei finanzierte Wahlwerbung. Offiziell kommt das Heft vom FPÖ-Bildungsinstitut, das für politische Bildungsarbeit staatliche Fördermittel bekommt. Aus diesem Grund gibt es auch heftige Kritik von anderen österreichischen Parteien. Der Generalsekretät der FPÖ, Herbert Kickl, behauptet dagegen: "Das ist ja auch keine Wahlwerbung, sondern ein Beitrag zur politischen Bildung." (siehe diesen Beitrag der Zeitung Der Standard).
Die Haltung von österreichischen Comiczeichnern und Karikaturisten zu dem Comic ist recht eindeutig. Die Nachrichtenagentur APA befragte einige von ihnen und bekam z.B. von Nicolas Mahler die Antwort, das Heft rufe "Unwohlsein hervor, sowohl inhaltlich wie gestalterisch. Lesefluss ergibt sich keiner, die Texte sind abwechselnd humorfrei belehrend und/oder gehässig. Witz sucht man vergeblich." Die Zeichnungen nennt er "bemüht, aber inkompetent".
Die Comicszene Österreichs reagiert zudem mit einer neu gegründeten Initiative, die von Harald Havas (Fred) ins Leben gerufen wurde: Comics gegen Rechts will zeigen, dass die meisten Comiczeichner anders denken als die Urheber von Der blaue Planet. Auf dem Blog der Initiative sollen möglichst täglich Comics und Karikaturen veröffentlicht werden, die sich gegen rechte Parolen wenden. Auf der Website heißt es:
"Satire ist unser Geschäft, Entlarvung unsere Methode, das Schüren von Feindbildern überlassen wir gerne anderen."Labels: Österreich, Politik, Propaganda
posted by Thomas um 17:22 | Permalink
02.06.2009
Frisch aus der Druckerei, 5/09
(Comic-Neuheiten im April)
Ja ich weiß, der Mai ist schon vorbei, und wir kommen hier mit den Novitäten aus dem April an. Sorry, diese kleine Rubrik ist leider sehr oft verspätet. Diesmal aber wieder mit einer guten Ausrede: Wir haben mit Volldampf an der Produktion des Comicgate-Magazins Nr. 4 gearbeitet, das gerade in der Druckerei ist. Nun also: Was gab es Neues im April?
HIGHLIGHT DES MONATS: Ein Comic über das Sammeln von Comics - das ist Wimbledon Green, ein Buch des kanadischen Künstlers Seth (Eigentlich ist das Leben schön), auf Deutsch erschienen bei Edition 52. Titelheld Wimbledon Green bezeichnet sich selbst als den größten Comicsammler der Welt, und er steht vor einem großartigen Deal. Zahlreiche kleine Miniaturen ergeben gemeinsam eine zusammenhängende Geschichte, von der man sechs Seiten hier als Leseprobe (PDF) sehen kann.
Im Avant-Verlag erschien im April die Graphic Novel Der Jude von New York von Ben Katchor, die im Original bereits 1998 auf den Markt kam. Katchor, der regelmäßig für den New Yorker und die New York Times arbeitet, erzählt darin von verschiedenen in New York lebenden Juden, vor allem von Mordecai Manuel Noah, der in den 1820er Jahren einen eigenen jüdischen Staat in der Nähe der Niagarafälle gründen wollte. Jens Meinrenken lobt im Tagesspiegel ein "feinsinniges und herrlich schräges Theaterstück über die nationale Identität und Heimatlosigkeit der Juden". (Leseprobe als PDF)
Zwei Newcomer aus Frankreich, von denen man sicher noch öfter hören wird, präsentiert die Edition Moderne: Florent Ruppert und Jerome Mulot sind noch keine Dreißig und werden in Frankreich für ihre Comics und deren skurillen Humor gefeiert. In Affentheater geht es um zwei Fotografen und deren sehr eigenartige Aufträge. Ein ungewöhnlicher Comic voll mit ungewöhnlichem Witz. Auch hier gibt es eine PDF-Kostprobe.
Von Blutch, dem aktuellen Grand-Prix-Preisträger von Angoulême, erschien wenige Wochen nach Blotch im Avant-Verlag nun die zweite Veröffentlichung in deutscher Sprache, diesmal bei Reprodukt: Der kleine Christian besteht aus autobiographischen Episoden, in denen der Künstler eigene Erinnerungen mit den Kindheitsfantasien verwebt, die er sich aus dem Fernsehen holte. Entsprechend gibt es Gastauftritte von Westernhelden oder Steve McQueen. Eine Vorschau gibt's hier.
Nachdem die Werkausgabe der alten Andrax-Abenteuer bei Cross Cult wohl ganz gut gelaufen ist, veröffentlicht man dort weitere Comics aus den Archiven von Peter Wiechmann, der in den siebziger Jahren zahlreiche Comics für Kauka und andere Verlage kreierte. Im Magazin Yps lief Ende der 70er die Serie Thomas der Trommler, ein Historiencomic, der zur Zeit des 30jährigen Kriegs in Hessen spielt, wo Wiechmann seine Jugend verbracht hatte. Die Zeichnungen stammen von den Spaniern Josep Gual und Juan Sarompas. Cross Cult veröffentlicht alle Episoden gesammelt in einem Hardcover-Band (Leseprobe).
Zum Kinostart des von J.J. Abrams erfolgreich auf jugendlich getrimmten Star Trek erschien bei Cross Cult der Band Star Trek: Countdown. Der Comic erzählt zum einen die Vorgeschichte des Films mit Schwerpunkt auf dessen Bösewicht, dem Romulaner Nero, zum anderen soll die Geschichte als Bindeglied zwischen dem letzten Star-Trek-Film (wo noch die Crew um Captain Picard an Bord war) und dem Neustart im Kino dienen. Hier geht's zur Leseprobe.
Bei Bela B.s Verlag Extrem Erfolgreich Enterprises (der 2006 beerdigt wurde) erschienen seinerzeit nicht nur Lizenzcomics aus den USA, sondern auch Eigenproduktionen, u.a. der Schweinevogel vom Leipziger Zeichner Schwarwel. Etliche Jahre nach dem letzten Heft kehren das Comicschwein und seine Freunde zurück - in einem Heft von der Agentur Glücklicher Montag, wo Schwarwel seit einiger Zeit an dem Schweinevogel-Zeichentrickfilm Es lebe der Fortschritt arbeitet. Das neue Heft trägt den Titel Die Wunder des Schweiniversums, zwei weitere Ausgaben sollen noch in diesem Jahr folgen (Leseprobe auf schweinevogel.de)
Ende April startete X-Men Origins: Wolverine in den Kinos - logisch, dass man bei Panini aus diesem Anlass diverse Wolverine-Comics an den Start brachte. Zum Beispiel eine Neuauflage von Wolverine: Waffe X, einer Storyline von Barry Windsor-Smith aus dem Jahr 1991, die als Hauptquelle für das Drehbuch des neuen Films diente. Die monatliche Wolverine-Heftserie wurde mit einer neuen Nr. 1 neu gestartet, und in der Reihe Marvel Graphic Novels erschien der Band Wolverine: Logan, der von einem prominenten Kreativteam stammt, nämlich Autor Brian K. Vaughan (Y - The Last Man) und Eduardo Risso (100 Bullets). Zu diesem Comic, in dem es Wolvie nach Japan verschlägt, gibt es eine Leseprobe auf Paninis neuem Online-Portal mycomics.de.
In der Reihe DC Premium erschien eine Story von 100-Bullets-Autor Brian Azzarello und dem Zeichner Lee Bermejo: Batman: Joker lehnt sich bei der Darstellung von Batman-Erzfeind und Oberbösewicht Joker sehr stark an die Art und Weise an, wie ihn Heath Ledger in The Dark Knight verkörperte. Die Story dürfte ähnlich finster sein, die Leseprobe jedenfalls macht Appetit.
Die derzeit erfolgreichste Serie beim Label Vertigo ist Bill Willinghams Fables, in der sich zahlreiche Märchengestalten in der modernen Welt herumschlagen müssen. Schon 2006 bekam die Reihe in den USA ein Spin-Off, seitdem gibt es zusätzlich zur Hauptserie die Abenteuer von Jack of Fables, dem egozentrischen Draufgänger und Tunichtgut, der aus der Community der übrigen Fables herausgeworfen wurde. Nun sind diese Geschichten auch auf Deutsch zu haben. Bei mycomics.de gibt es das komplette erste Kapitel zu lesen, in unserem Kri-Ticker gibt es eine Rezension.
Außerdem im April bei Panini: Wraithborn, eine als Paperback gesammelte Miniserie von Joe Benitez (Weapon Zero), den man von Comics kennt, in denen weniger die Handlung als viel mehr satte Action und sexy Babes im Vordergrund stehen. Ähnliches dürfte auch hier zu erwarten sein: Benitez selbst liefert folgende Kurzbeschreibung: "A little tiny girl beating the $#!^ out of big @$$ monsters!"
Und da ja auch bald ein neuer Terminator-Film ansteht, muss es auch hierzu den passenden Comic geben. Und jetzt wird's kompliziert. Der Comic kommt zum Kinostart von Terminator 4 in die Läden. Er heißt im Original Terminator 2: Infinity (Die "2" wurde für die deutsche Ausgabe gestrichen), spielt aber nach den Ereignissen aus dem Film Terminator 3. Alles klar?
Aus Italien stammt die Albenserie Sky Doll von Alessandro Barbucci und Barbara Canepa, von der drei Ausgaben bei Carlsen erschienen. Nun gibt es beim Splitter-Verlag Nachschub in Form der Kurzgeschichtensammlung Spaceship Collection, zu der diverse französische Zeichner die Zeichnungen beisteuerten (Leseprobe).
Vom Splitter-Verlag kannte man bisher ausschließlich großformatige Comicalben. Im April startete nun aber ein zweites Format. Die "Splitter Books" haben eher das Format "normaler" Bücher und einen größeren Umfang, sie sind mit Hardcover und Schutzumschlag ausgestattet und sind im Verhältnis zur Seitenzahl preisgünstiger als Alben. Damit schielt man natürlich auf den regulären Buchhandel, wo solche Bücher leichter zu platzieren sind. Die ersten Splitter Books sind in Frankreich als normale Albenserien erschienen und werden hier komplett in einem Band zusammengefasst: India Dreams vom Ehepaar Maryse und Jean-François Charles erzählt eine Generationen umspannende Geschichte aus dem Indien der Kolonialzeit (Leseprobe).
Und auch in Paradise geht es exotisch zu. Autor Benoît Sokal und Zeichner Brice Bingono wollen den Leser in das fiktive afrikanische Land Mauranien entführen. Auch hier liegt eine Leseprobe vor.
Dritter im Bunde der "Splitter Books" ist eine Eigenproduktion, nämlich Das Wolkenvolk: Seide und Schwert nach dem Roman von Kai Meyer, das nun in zweierlei Formaten vorliegt: Als klassisches Album in zwei Teilen (Teil 1 erschien 2008, Teil 2 ebenfalls im April) und gesammelt im kleineren Buchformat (Leseprobe zum 2. Band).
Eine neue französische Albenserie beim Piredda-Verlag ist Die Legende vom Changeling, ein Fantasy-Comic von Pierre Dubuis und Xavier Fourquemin über einen kleinen Jungen mit besonderen Fähigkeiten. Hier eine Leseprobe.
Bei Salleck startete die Serie Mattéo von Jean-Pierre Gibrat (Der Aufschub). Darin geht es um einen spanischen Anarchisten, dessen Leben vom Ersten Weltkrieg über die Russische Revolution bis zum Spanischen Bürgerkrieg begleitet wird. Band 1, 1914-1915, erschien als reguläres Album und als limitierte Vorzugsausgabe.
Einen frankobelgischen Klassiker hat man bei Cross Cult neu aufgelegt. Auf der Suche nach Peter Pan vom Schweizer Künstler Cosey, dessen Erstveröffentlichung 1988 den Max-und-Moritz-Preis gewonnen hatte, erzählt eine ruhige, atmosphärische Geschichte, die in den 20er Jahren in den Walliser Alpen spielt. Hier geht's zur Vorschau und hier zu unserer Rezension im Dialog.
Die in Deutschland lebende Mangaka Kei Ishiyama präsentiert bei Tokyopop zum zweiten Mal ihre Interpretationen von Grimms Märchen. In Grimms Manga 2 bekommt man u.a. Schneewittchen und den Froschkönig zu sehen. Leseprobe hier.
Death Note dürfte zu denjenigen Manga-Reihen gehören, bei denen auch Leser einen Blick riskieren, die japanische Comickost sonst verschmähen. Die Serie um einen Jungen, der Menschen töten kann, in dem er ihren Namen in einem Buch notiert, gewann etliche Preise und wurde auch als Anime und als Realfilm umgesetzt. Bei Tokyopop, wo bereits alle Bände auf Deutsch veröffentlicht wurden, gibt es nun eine Neuauflage als Black Edition in gehobener Aufmachung.
Kizu, ein Manga von Otsuichi und Zeichner Hiro Kiyohara, fällt schon durch sein ungewöhnliches Cover auf. Der bei "EMA adult" erschienene One-Shot erzählt einen düsteren Thriller um Jugendliche, die von der Erwachsenenwelt misshandelt und missachtet werden.
Sex = Love² lautet der vielsagende Titel einer neuen Manga-Reihe bei EMA adult, ein sogenannter Smut-Manga mit erotischem Inhalt für weibliche Leser. AnimeY schreibt: "Mit wenig Handlung, die ganz klar um das Thema Sex kreist, und stereotypen Charakteren bietet dieser Manga kaum intelligenten Plot oder überraschende Wendungen. Er spricht seine Leser rein auf der Ebene mehr oder minder erwachsener Unterhaltung an und stellt mit eindeutiger Ausrichtung auf ein weibliches Zielpublikum klischeehafte Fantasien von Mann-Frau-Beziehung dar, wie sie in Frauenromanen weltweit anzutreffen sind."Labels: Druckfrisch
posted by Thomas um 11:00 | Permalink
01.06.2009
Eine neue Liebe ...
(entdeckt im Bücherregal nebenan)
Anke Gröner zählt zu den bekanntesten Bloggern Deutschlands.
Nach dem Watchmen-Trailer hat sie sich endlich der Comicsammlung ihres Freundes ergeben und stellt fasziniert fest, dass Comics auch dann gar nicht so schlecht sind, wenn nicht Asterix oder Tim und Struppi drauf steht.
Wie es sich anhört, wenn eine Werbetexterin über eine neue Begeisterung philosophiert und sich fragt, warum sie damit so lange gewartet hat, könnt Ihr hier nachlesen. Ein schönes, emotionales Plädoyer für unser aller Hobby. :)
In ihren neueren Beiträgen gibt es mittlerweile auch schon die ersten Besprechungen.
Übrigens, Anke, wenn Du die Superhelden durchhast ... nee, eigentlich schon jetzt, dann kann ich vorbehaltlos Transmetropolitan von Warren Ellis und Zeichner Darick Robertson empfehlen. Ein moderner Klassiker mit einem bissigen, zynischen Blick auf unsere moderne Welt. Wenn der nicht schon sowieso in Eurer Comicsammlung vorhanden ist, womit ich fest rechne, dann lohnt sich die Anschaffung definitiv!
Und es gibt auch tolle Sachen aus Deutschland ... Aber das wird jetzt an dieser Stelle etwas viel, fürchte ich.Labels: Blog
posted by Frauke um 13:44 | Permalink