
Die Welt am Draht, das sind Kommentare, Informationen, Gedanken und natürlich News rund um die Welt der Comics und darüber hinaus.
20.06.2007
Frisch aus der Druckerei, 5/07
(Comic-Neuheiten im Mai)HIGHLIGHT DES MONATS: Mit The 9/11 Report - Die Comic-Adaption sorgten Ernie Colon und Sid Jacobson für ein weltweites Presseecho. Als Vorlage für den Comic diente der offizielle Abschlussbericht der Untersuchungskommission zu den Anschlägen des 11. September, die vom US-Kongress eingesetzt wurde, und die versuchte, die Ereignisse dieses Tages zu rekonstruieren. Eine deutsche Ausgabe hätte ich eher bei einem der klassischen Buchverlage erwartet, stattdessen gibt es sie nun bei Panini Comics. Auf slate.com kann man das erste Kapitel (auf englisch) probelesen.
In der "Graphic Novel"-Reihe bei Carlsen erscheint mit Der Leuchtturm ein anspruchsvolles Werk aus Frankreich. Der Bretone Bruno Le Floc'h erzählt von einem Ingenieur aus Paris, der Anfang des 20. Jahrhunderts in ein kleines Dorf an der Küste kommt, wo er einen Leuchtturm bauen soll. In Frankreich wurde das Album 2004 mit dem Prix René Goscinny ausgezeichnet. (franz. Leseprobe bei Delcourt)
Das Schweizer Comicfestival Fumetto fördert talentierte Künstler mit der neu eingeführten "Erstpublikation für junge Künstler". Die erste, die auf diese Weise zum ersten eigenen Buch kommt, ist Laura Jurt mit Einzelgänger. Der Titel ist über Edition Moderne erhältlich, wo man auch eine Leseprobe findet, die in diesem Fall eher eine Anguck-Probe ist.
Noch bevor Brian Azzarello und Eduardo Risso ihre vielgerühmte Vertigo-Serie 100 Bullets starteten, arbeiteten sie an einem düsteren Noir-Krimi zusammen: Jonny Double, in den USA im Jahr 1998 als Miniserie bei Vertigo erschienen, basiert auf der Figur eines Privatdetektivs, der erstmals in den sechziger Jahren in einem DC-Comic auftrat. In Azzarellos Version ist Jonny Double ein gealterter Hard-Boiled-Detektiv, der von einem reichen Geschäftsmann den Auftrag annimmt, auf dessen Tochter aufzupassen. Bei Cross Cult erschien jetzt die deutsche Ausgabe im bewährten kleinen Hardcover-Format, das wir von diesem Verlag inzwischen gewohnt sind (Leseprobe).
Kein Comic, sondern ein illustrierter Roman von zwei Künstlern, die beide auch Comics machen: Stardust, eine Fantasygeschichte von Neil Gaiman, die erstmals 1997 bei DC erschien, begleitet von zahlreichen Illustrationen von Charles Vess. Auf deutsch erschienen die Sternenwanderer auch schon, allerdings immer nur der Text. Nun bringt Panini anlässlich der bevorstehenden Verfilmung mit Claire Danes, Michelle Pfeiffer und Robert DeNiro die ursprüngliche Fassung auf deutsch (US-Leseprobe als PDF).
In den siebziger Jahren kreierte Autor Steve Englehart mit den Zeichnern Walt Simonson und Marshall Rogers eine Batman-Storyline in Detective Comics, die bis heute als Klassiker gilt. Durch sie wurde der Flattermann düsterer und erwachsener als zuvor, die Story diente auch Tim Burtons erstem Batman-Film als Vorlage. 2006 ließ DC Englehart und Rogers nochmal antreten, es entstand die Miniserie Batman: Dark Detective, in der das Flair von damals wieder aufleben sollte. Ob das gelungen ist, kann man nun auf deutsch überprüfen: in DC Premium 49.
Zum Schluss fische ich noch kurz im unübersichtlichen Mangateich und fördere Train Man 1, erschienen bei Carlsen, zu Tage. Dieser Manga ist eine von mehreren Adaptionen eines japanischen Romans, der wiederum auf der angeblich wahren Geschichte des Densha Otoko basiert, einer Lovestory, die ihren Ausgang in einem populären Chatroom nahm.Labels: Druckfrisch
posted by Thomas um 14:35 | Permalink
15.06.2007
Die Meldungen
(News-Bröckchen der vergangenen Wochen)
Zurück aus der Gruft: Der Infinity Verlag, vor wenigen Wochen erst in Insolvenz gegangen, erwacht überraschend zu neuem Leben. Der mit dem Verlag eng verknüpfte Vertrieb Paperwerk übernimmt die verlegerischen Aktivitäten und führt Serien wie Witchblade, Darkness und andere fort. Die vollständige Meldung und die Liste der Titel, die schon Ende Juni im Handel sein sollen, kann man auf der Homepage von Paperwerk/Infinity finden.
Preise zum Ersten: Beim Comicfestival in München gab es gleich zwei Preisverleihungen. Zum einen der alteingesessene (mit Preisgeldern dotierte) ICOM-Independent-Preis, bei dem Mawil für seinen Meister Lampe den Hauptpreis bekam. Mawil hat schon einige ICOM-Urkunden im Atelier hängen, für den Hauptpreis hatte es aber bisher nicht gereicht. Die vollständige Liste der Preisträger mit Jury-Begründungen gibt es beim ICOM.
Preise zum Zweiten: Außerdem wurde der sogenannte PENG!, der sich als Münchner Comicpreis bezeichnet, vergeben. Die Preisträger wurden in einer Umfrage ermittelt, an der sich ca. 60 Comicschaffende beteiligten. Einen Preis für das Lebenswerk bekam der verstorbene Fix-und-Foxi-Erfinder Rolf Kauka. Seine WitweAngelinaAlexandra nahm den Preis entgegen. Alle Gewinner stehen bei der Highlightzone.
Preise zum Dritten: In Toronto vergab die kanadische Comicwelt den Joe Shuster Award für die besten einheimischen Künstler. Großer Absahner war Darwyn Cooke, der in drei Kategorien ausgezeichnet wurde: als Outstanding Writer (für Superman Confidential), als Outstanding Artist (zusammen mit J. Bone für Batman/The Spirit #1) und als Outstanding Cartoonist für seine Wiederbelebung von Will Eisners The Spirit.
Preise zum Vierten: Neben den Eisner Awards gilt in den USA der Harvey Award als zweitwichtigster Preis. Die Liste der Nominierten für 2007 wurde kürzlich veröffentlicht, sie ist hier zu finden.
Lesetipp der Woche: In der aktuellen Ausgabe des Comics Journal findet man ein ausführliches Interview mit Lewis Trondheim. Ein üppiger Teil davon ist auch online zu finden. Lesenswert!Labels: Comicnews
posted by Thomas um 14:13 | Permalink
14.06.2007
Comicfestival München - Der Film
Bis die Comicgate-Crew ihre Eindrücke, Fotos und Erinnerungen an das Münchner Comicfestival zusammenfasst, kann es noch ein bisschen dauern. Bis dahin empfehlen wir dieses schöne Filmchen von den Royal Walchs und Mawil. Besser kann man dieses lange Wochenende in zweieinhalb Minuten nicht zusammenfassen!
Youtube Direktlink
(via Jackpot Baby!)Labels: Comicfest
posted by Thomas um 16:16 | Permalink
13.06.2007
Egmont essen Carlsen auf?
(Übernahme im skandinavischen Buchmarkt)
Auf dem skandinavischen Buchmarkt gibt es eine Veränderung, die sich womöglich auch auf die deutsche Comicwelt auswirken könnte. Der skandinavische Medienkonzern Egmont mit Hauptsitz in Kopenhagen akquiriert Verlage in zwei Ländern: In Dänemark kauft der Verlag Aschehoug, der zu Egmont gehört, den Bonnier-Verlag (genauer gesagt: die dänische Niederlassung des Stockholmer Bonnier-Konzerns) und fusioniert mit ihm zum neuen Verlag Lindhardt & Ringhof.
In Norwegen fusionieren die Verlage Damm (Egmont-Gruppe) und Cappelen (Bonnier-Gruppe) zum künftig größten norwegischen Verlagshaus Cappelen Damm.
Was das mit deutschen Comics zu tun hat? Die beiden größten und traditionsreichsten Comicverlage im Lande gehören zu eben diesen beiden skandinavischen Verlagsgruppen. Der Hamburger Kinder- und Jugendbuchverlag Carlsen mit seinem Imprint Carlsen Comics ist von Anfang an eine deutsche Niederlassung des dänischen Carlsen Verlags, der wiederum zum schwedischen Bonnier-Konzern gehört.
Auf der anderen Seite sind die deutschen Egmont Verlagsgesellschaften, zu denen die beiden Marken Ehapa Comic Collection und Egmont Manga & Anime (EMA) gehören, ein Teil der dänischen Egmont-Gruppe.
Sind Egmont/Ehapa und Carlsen also bald ein Verlag? Soweit ist es noch nicht, eine Schlagzeile wie "Egmont kauft Carlsen" ist sachlich nicht richtig. Die Vereinbarungen, so besagen es die jeweiligen Pressemitteilungen, gelten für den dänischen und den norwegischen Markt, von einer Fusion in Deutschland ist nicht die Rede. In jedem Fall rücken die beiden Mutterhäuser von Carlsen und Egmont/Ehapa näher zusammen, was sich vielleicht nicht unmittelbar, aber doch indirekt auf deutsche Leser auswirken könnte (Stichwort: internationale Lizenzen!). Die französische Comic-Website ActuaBD bemerkt dazu, dass Carlsen und Ehapa bei einer möglichen Fusion in Deutschland einen gemeinsamen Anteil von 80% auf dem deutschen Comicmarkt hätten.
(via comic.de)
UPDATE, 13:50 Uhr: Carlsen-Mitarbeiter Kai-Steffen Schwarz hat im Comicforum eine offizielle Stellungnahme des Carlsen Verlags veröffentlicht:"In Dänemark hat sich Bonnier von seinen Buchverlagen, die dort eine verhältnismäßig kleine Rolle am Markt spielen, getrennt. Eine dieser Einheiten heißt auch Carlsen, hat aber nicht mehr mit dem deutschen Carlsen-Verlag zu tun als jede andere Medienfirma, die unter der Bonnier-Flagge segelt. Gleichzeitig gründen die beiden Verlagsgruppen Egmont und Bonnier in Norwegen ein Joint venture (Beteiligung je 50%), in das sie ihre jeweiligen Buchverlage einbringen. Zielsetzung dieses Zusammenschluss der Nummer 2 und 3 im norwegischen Buchmarkt ist die Erreichung der Marktführerschaft in den nächsten Jahren.
Der Carlsen Verlag Deutschland möchte im Internet kursierenden Gerüchten vorbeugen: Carlsen in Deutschland ist von diesen Veränderungen im skandinavischen Markt in keinster Weise betroffen und wird weiterhin eigenständig und wie in der Vergangenheit sehr erfolgreich seine breit gefächerte Programmarbeit fortsetzen."Labels: Carlsen, Ehapa, Verlage
posted by Thomas um 11:54 | Permalink
04.06.2007
Die Meldungen
(News-Bröckchen der vergangenen Woche)
Palme für Marjane Satrapi: Mit Persepolis, ihrem autobigrafischen Comic über ihre Kindheit im Iran und ihre Jugend in Europa, hat Marjane Satrapi einen Überraschungserfolg gelandet. Die Erflogsgeschichte geht nun als Film weiter. Die Zeichentrick-Adaption von Persepolis, die Satrapi selbst als Regisseurin, gemeinsam mit Vincent Paronnaud, umgesetzt hat, lief im Mai beim wichtigsten Filmfestival der Welt in Cannes. Die Teilnahme am Wettbewerb war noch nicht Auszeichnung genug, der Film gewann auch einen Spezialpreis der Jury. Für zusätzliches Presseecho sorgte die pflichtschuldige Empörung der iranischen Staatsführung, die gegen die Aufführung des Films protestierte.
Als Vorgeschmack hier schonmal der Teaser zum Film:
Joann Sfars Cannes-Tagebuch: A propos Cannes. Das Filmfestival ließ in diesem Jahr einen Comiczeichner ein gezeichnetes Cannes-Tagebuch führen, das auf der offiziellen Homepage abzurufen war (und noch immer ist). Die Wahl fiel auf keinen geringeren als Joann Sfar, seine schwer unterhaltsamen Festival-Ansichten gibt's auf französisch oder auf englisch zu lesen.
Sascha Hommer in der FR: Seit 30. Mai erscheint die Frankfurter Rundschau im neuen kompakten Tabloid-Format. Neu ist auch ein täglicher Comicstrip. Er stammt von Sascha Hommer (Insekt) und Jan-Frederik Bandel. In dem Strip namens Im Museum geht es um zwei Kinder, die in einem Museum eingeschlossen wurden. Der Wachdienst lässt sie nicht raus, also machen sie sich auf Entdeckungsreise. Klingt ein bisschen nach Hollywood, aber wer Sascha Hommers Comics kennt, weiß, dass sich das sicher anders entwickeln wird.
Manga-Nobelpreis: Die japanische Regierung lobt einen internationalen Mangapreis aus. Japans Außenminister Taro Aso, selbst Mangafan, nennt diesen Preis gar den "Nobelpreis für Manga". Gekürt werden soll damit der beste ausländische Mangakünstler des Jahres, die erste Preisverleihung findet im Juli statt. Der Preis ist nicht mit Geld dotiert, stattdessen winkt dem Sieger und drei Vize-Preisträgern eine zehntägige Reise nach Japan.Labels: Comicnews
posted by Thomas um 11:22 | Permalink